Samstag, 15. August 2009

Eine unendliche Geschichte

Im letzten halben Jahr beherrschte vor allem ein thema die Sitzungen des Studierendenparlamentes, die UnAufgefordert.
Da in der Vergangenheit hierzu viel, aber auch viel Quatsch und Unwahrheiten vor allem auf Seiten eher rechter StuPa-Listen veröffentlicht wurde, wollen wir hier auch einmal Stellung nehmen. Leider muss das Thema etwas ausführlicher behandelt werden und liest sich etwas dröge. Aber es lohnt sich!


Im Jahre 1989 wurde an der HU eine neue, unabhängige Studierendenzeitung gegründet, die Unaufgefordert (auch bekannt als Unauf).

Da es in der ersten Wende- und Nachwende-Zeit keine Verfasste Studierendenschaft an der HU gab, die ein solches Projekt hätte finanzieren können, kam das Geld die ersten Jahre vom AstA der TU.

1994 wurde dann ein Vertrag zwischen der Unauf und dem StuPa der HU geschlossen, mit dem die Zeitung in die Herausgeber_innenschaft der verfassten Studierendenschaft der HU wechselte und eine studentische Initiative nach (§3 Satzung) wurde.
Das StuPa übernahm die Grundfinanzierung und die juristische Verantwortung.
Das Arrangement sah vor, dass die Chefredakteur_innen jedes Jahr vom StuPa bestätigt werden müssten.

In den folgenden Jahren wurde die Unauf mehrfach mit Preisen ausgezeichnet und entwickelte sich in Richtung eines Nachwuchspools für den Tagesspiegel.

Über die Jahre kam es wiederholt zu Auseinandersetzungen zwischen Redaktion und Herausgeber_in. Besonders die zeitweise jedes Jahr auftretenden Finanzlöcher der Zeitung, die regelmäßig durch das StuPa aufgefüllt werden mussten, trugen dazu bei, das wiederholt (erfolglose) „Null-Euro-für-die-Unauf“-Anträge im StuPa auftauchten.
Erst seit drei Jahren ist die Redaktion in der Lage, ihre eigenen Finanzplanungen auch tatsächlich einzuhalten, vorher wurden regelmäßig Kosten unter- und die Höhe der Werbeeinnahmen überschätzt.
Irgendwann in dieser Zeit „vergaß“ die Chefredaktion dann irgendwann, sich vom StuPa legitimieren zu lassen. Das StuPa, das große Skrupel hatte, die publizistisch erfolgreiche Zeitung zu gefährden, nahm dies hin.

Zu den finanziellen Querelen gesellten sich auch bald andere Streitpunkte. Die Redaktion weigerte sich wiederholt, die 4 Seiten, die pro Ausgabe den Organen der verfassten Studierendenschaft vertraglich vorbehalten waren, zu drucken. Die Begründung waren unterschiedlich, gern wurde aber behauptet, dass die Beiträge zu spät gekommen wären, um berücksichtigt zu werden, obwohl sie teilweise eine Woche vor Redaktionsschluss eingeschickt wurden.
Ein anderes Mal wurden sie so gelayoutet, dass sie für eine Anzeige misverstanden werden konnten.

Ein weiterer Streitpunkt war und ist die geschlechtergerechte Sprache, die das StuPa allen Veröffentlichungen, die es bezahlt, vorschreibt. Unbenommen der politischen Entscheidung des StuPas sind aber spätestens seit der neuen Verfassung der HU aus dem Jahre 200? alle Teilkörperschaften der HU (und ja, auch die verfasste Studierendenschaft ist eine solche) verpflichtet, geschlechtergerechte Sprache zu nutzen (siehe § 38), das StuPa könnte es der Unauf also gar nicht erlauben, anders zu schreiben, selbst wenn es wollte (und es will nicht).

Immer wenn vom Referent_innenrat oder vom StuPa Kritik an der Unauf geäussert wurde, schrien die Redaktionen auf, dass sie zensiert werden sollten.

Da die Redaktionen immer nur im StuPa auftauchten, wenn es um das Budget ging und dann auch immer mit neuen Leuten, die jegliche Verantwortung für die Handlungen ihrer Vorgänger_innen weit von sich wiesen (dann aber genauso handelten), wurden im StuPa Klagen über die fehlende Kontinuität laut.

Im letzten Jahr kam dann ein neuer Höhepunkt hinzu, als die UnAufgefordert über einen Fall von sexueller Belästigung durch einen Professor gegenüber einer Studentin schreiben wollte. Da die betroffene Studentin ihre Zustimmung zum Artikel verweigerte, wurde eine E-Mail des Professors, in der er der Studentin Unterstellungen vorwarf und die Vorwürfe als gegenstandslos hinstellte, ganzseitig abgedruckt, während eine kurze Stellungnahme der Studentin klein an den Rand gequetscht wurde.
Daraufhin zwang das StuPa als Herausgeber_in die Redaktion, die verbreitung der Zeitung zu stoppen.

In der folgenden StuPa-Debatte zum Budget der Unauf war dann bei vielen StuPariern das Maß voll und sie verweigerten – auch, weil in ihren Augen der Redaktion jegliches Problembewustsein fehlte – zum ersten Mal die Zustimmung zum eingereichten Haushaltsentwurf (übrigens äusserst knapp).

In der nächsten Sitzung wurde dann beschlossen, nur das Geld für die nächsten drei Ausgaben auszuzahlen und die Zustimmung zum Rest des Budgets von den Ergebnissen einer gemeinsamen Kommission von Parlament und Redaktion abhängig zu machen, die ein neues Redaktionsstatut ausarbeiten sollte.

Da die Redaktion sich weigerte, Mitglieder in die Kommission zu entsenden, konnte diese aber während der Semesterferien ihre Arbeit nicht aufnehmen, zumal die Redaktion jegliche Zusammenarbeit mit den vom StuPa bestimmten Mitgliedern verweigerte.

Nach den Semesterferien wurde dann bekannt, dass die derzeitige Redaktion der Unauf die Gründung eines Fördervereins vorangetrieben hatte, der die Zeitung nach Willen der Redaktion zukünftig herausgebn soll. Auf diesen Verein wurde dann auch widerrechtlich die Wortmarke „UnAufgefordert“ eingetragen.

Es versteht sich von selbst, dass das Studierendenparlament nicht bereit war, ein Projekt, das es jahrelang mit aufgebaut und finanziert hatte, an einen Förderverein, in dem dann auch noch ziemlich problematische Gruppen wie die BMW-Stiftung sitzen, abzugeben.

In der ersten Sitzung des neuen StuPas bekam die UnAuf nocheinmal Fristaufschub, verweigerte sich aber weiterhin der Zusammenarbeit, so dass dann im Juni von uns und der Liste AL Jura/Buena WISTA Adlershof ein Vorschlag für ein zukünftiges Statut in das StuPa eingebracht wurde, um wenigstens noch eine Möglichkeit zur Rettung des Projektes einer unabhängigen Studierendenzeitung zu haben.

Während dieser ganzen Zeit wurde durch einige rechte Listen im StuPa immer wieder der Eindruck erweckt, dass das StuPa versuchen würde, Zensur auszuüben. Dies war nie die Absicht des StuPas und auch der Statutsentwurf lässt dies nicht zu. Vielmehr geht es darum, Zuständigkeiten zu regeln und journalistische Mindeststandarts festzulegen. Ein Eingriff in die inhaltliche Arbeit wird auf jeden Fall ausgeschlossen. Es soll eine journalistische Freiheit ermöglichen, die in einer Abhängigkeit von nicht öffentlichen Finanzquellen nicht gegeben wäre.

Es ist aus Sicht der Juso-Hochschulgruppe inakzeptabel, dass eine Gruppe von Menschen versucht, ein durch die Allgemeinheit finanziertes Projekt zu privatisieren.

Das vorgeschlagene Statut findet Ihr hier: Statutsantrag

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