Freitag, 18. Dezember 2009

Stellungnahme

Stellungnahme zum Artikel „Linkes Biotop will feucht bleiben“ aus der taz vom 14.12.09


„Wer die Ausführungen eines Redners kritisieren will, muß sie im Zusammenhang würdigen und darf sich nicht an einzelne, herausgeklaubte [...] z.T. verdrehte Worte und Sätze halten.“*



Am 14.12.2009 erschien in der Berlin-Ausgabe der Tageszeitung (taz) ein Artikel über einen angeblichen Konflikt zwischen dem Referent_innenrat (gesetzl. Asta) der HU und den Besetzer_innen des Audimax der HU.

Der Verfasser, Sebastian Heiser, bezog sich in seiner Berichterstattung vor allem auf eine Mail, die ich am 27.11. über den internen Verteiler der Offenen Linken Liste geschickt hatte. In dieser Mail kritisierte ich die Ausrichtung des Bildungsstreiks und empfahl den anderen Mitgliedern der Liste, den Streik trotzdem zu unterstützen, auch aus wahltaktischen Überlegungen heraus.

Herr Heiser benutzte diese Mail einer Einzelperson, um einen Generalvorwurf gegen das gesamte Gremium RefRat zu konstruieren, obwohl ich ihn vorher in einer Mail darauf hinwies, dass ich nicht für den RefRat gesprochen hatte. Zwar zitierte er meine Aussage, der Rest des Artikels zwingt den nicht informierten Leser_innen meiner Ansicht nach aber den Eindruck auf, dass ich sehr wohl eine Position des RefRats vertreten hätte.

Er zitierte aus meiner Mail auch die Aussage "Ich weiß, Parlamentarismus ist scheiße, aber wir haben nunmal ein parlamentarisches System und müssen darin klarkommen." Heiser nutzt dieses Zitat, um seinen Vorwurf, der RefRat als links geprägtes Gremium würde nicht die Interessen der Studierenden vertreten, sondern ein „Sammelbecken der radikalen linken Szene“ sein, zu untermauern.
Für diese Sichtweise, für die Herr Heiser landläufig bekannt ist, riss er das Zitat völlig aus jedem Zusammenhang.
Ich kritisierte mit dieser Aussage, dass das parlamentarische System in einer durch und durch populistisch ausgerichteten Öffentlichkeit aus den vorher von mir aufgeführten wahltaktischen Gründen Menschen dazu zwingt, hinter ihren eigenen emanzipativen Ansprüchen öffentlich zurückzubleiben, um eine Fortführung der eigenen Arbeit zu sichern. Ich will für meine Arbeit (wieder-)gewählt werden, nicht, weil ich mich plakativ hinter eine Sache stelle, die ich nicht im vollen Umfang gut heißen kann und will. Leider, und das war meine Aussage vor dieser zitierten Stelle, sehe ich mich durch die Realität an dieser Universität dazu gezwungen.

Desweiteren übte ich in meiner ursprünglichen Mail teils harte Kritik am Bildungsstreik. Diese erklärt sich aus den Vorgängen in den Tagen zuvor. Am 26.11. hatte eine Vollversammlung der Studierenden der HU den Präsidenten der Universität, Christoph Markschies, teils frenetisch bejubelt, obwohl es seit Jahren klar erkennbar ist, dass Herr Markschies kontinuierlich gegen die Belange der Studierenden arbeitet, in dem er zum Beispiel die akademischen Gremien entmachtete und die HU in eine Art Präsidialdiktatur verwandelte (was er, zusammen mit seiner Verachtung für demokratisch legitimierte Strukturen, auch rundheraus zugegeben hat, siehe seine Mail an mich).

In der Zeit vor dieser Vollversammlung wurde wiederholt eine „zu linke“ Ausrichtung und Ästhetik der Proteste beklagt. Daraufhin wurde, sehr zu meinem Erschrecken, eine „Ästhetik-AG“ ins Leben gerunfen und begonnen, die Forderungen in meinen Augen aufzuweichen. Daraufhin fühlte ich mich als dezidiert linker Mensch nicht mehr im Protest willkommen.
In wie weit dieser subjektive Eindruck der tatsächlichen Realität entspricht, sei dahingestellt. Zum Zeitpunkt der Entstehung der Mail war ich zu dieser Einschätzung gekommen.

Dass diese Mail in dem harten, provokanten Tonfall geschrieben wurde, lag in der Natur des Verteilers, auf dem die Mitglieder mich und meine Ausdrucksweise kennen.
Sie war eindeutig unglücklich und missverständlich formuliert und es tut mir leid, dass ich sie in dieser Form geschrieben habe.

Ich stehe aber weiterhin zu den von mir in ihr gemachten Aussagen, sie spiegeln meine Einschätzung der Lage zu dem spezifischen Zeitpunkt wider und sind in dem hier dargelegten Kontext zu verstehen.


Ich widerspreche der verfälschten und verfälschenden Darstellung des Sachverhalts in der taz. Dass es in der taz einen Artikel über dieses Thema geben würde, wurde mir am 11.12.09 mitgeteilt. Zu diesem Zeitpunkt hieß es noch, dass eine andere Person den Artikel schreiben sollte. Diese Person, Konstantin Sacher, hatte am Vortag schon einen vor Falschaussagen strotzenden Kommentar auf der Homepage der ehemaligen Studierendenzeitung der HU „Unaufgefordert“ geschrieben und diesen Kommentar genutzt, um in verhetzender Weise gegen den RefRat Stellung zu beziehen. Es drängt sich der Verdacht auf, dass Heiser nicht nur den Schreibauftrag, sondern auch die Tendenz des Artikels von Sacher übernahm.

Ich möchte hiermit auch noch einmal mein Gesprächsangebot an alle die erneuern, die auch nach dieser Stellungnahme Fragen zu meiner Mail haben.


Gerrit Aust


*Heinrich Drake, SPD, geschäftsführendes Mitglied und Präsident der lipp. Landesregierung 1918-1933, zitiert nach: Volksblatt vom 10.12.1924

2 Kommentare:

  1. Lieber Gerrit,

    vielen Dank für Deine Stellungnahme.

    Ich denke allerdings, daß es hilfreicher wäre, wenn die Mail als solche veröffentlicht würde. Es kann viel über dies oder jenes geschrieben werden und die Meinung des Lesers/der Leserin ziemlich einfach beeinflußt werden (da ja so nicht alles bekannt sein kann) - solange nicht klar ist, was wirklich geschrieben wurde, wird die Meinung, die sich eine gänzlich unwissende Person bildet (unwissend hinsichtlich Unistrukturen, Markschies, etc.) von der Person abhängen, die ihr_ihm die Fakten zukommen läßt, die in das jeweilige Bild paßt.
    Schon in der Schule lernen wir, lieber Originalquellen zu lesen, wenn wir ein möglichst "objektives" Bild bekommen wollen. Dass dies hier weder von der taz noch von Dir erfolgt, ist ein weiteres merkwürdiges Puzzleteil, das doch stutzig macht.

    Einen schönen Gruß und viel Erfolg für die Wahl!

    Ana

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  2. Liebe Ana,

    ich dachte eigentlich, dass diese Mail so häufig über Mailinglisten und Blogs gewandert und an Anschlagwänden angeklebt wurde, dass sie sattsam bekannt sei. Aber gerne geb ich Dir (und natürlich auch allen anderen) den Text:

    "So Leute,
    [prollmodus] es ist ja schön, dass wir mit den Schwanzvergleichen,
    wer im härteren Ghetto wohnt oder wer die_der radikalere linke
    Checker_in ist, anscheinend durch sind, das ist nämlich überhaupt
    nicht zielführend [/prollmodus]
    Das da oben im Audimax ist auch nicht mein Streik, aber es gibt in
    meinen Augen zwei gute Gründe, da trotzdem mit rumzuspringen.
    Erstens die StuPa- und zweitens die AS-Wahl.
    Ich hoffe, dass ich nicht der einzige bin, dem es Sorge bereitet,
    dass Marco Bodammer und Stefan Otto auf einmal rasendes
    Interesse an den akademischen Gremien entwickeln. Ich persönlich
    habe ehrlich gesagt wenig Bock, in der nächsten Legislaturperiode
    neben den bekloppten RCDS-Leuten auch noch irgend welche
    "unabhängigen Fachschaftler_innen" im AS rumhängen zu haben.
    Wenn wir uns jetzt nicht mal ordentlich auf den Hosenboden setzen,
    wird das passieren.
    Und auch die StuPa-Wahl ist noch nicht in trockenen Tüchern. Da
    Die Monarchisten
    Liste der Verfaßten
    Studentenschaft der HU
    www.monarchisten-hu.de
    monarchisten@yahoo.de
    Berlin, 11. Dezember 2009
    braucht nur eine Person bei RCDS und LHG mal wirklich
    nachzudenken und mit ein klein wenig Pech können wir uns unser
    schönes linkes Feuchtbiotop RefRat eingerahmt übers Sofa
    hängen, denn in anderer Form wird es nicht mehr existieren.
    Egal wie honkig der Streik teilweise sein mag, es ist einfach
    politisch unklug, die Leute von der RefRat-Infrastruktur fernzuhalten
    (ich weiß, diesmal ist es nicht halb so deutlich wie im Sommer, aber
    es ist trotzdem passiert). Wir leben politisch davon, dass bei dem
    großen Teil der irgendwie aktiven Studis der RefRat als zumindest
    ansatzweise cool und unterstützend rüberkommt.
    Ich weiß, Parlamentarismus ist scheiße, aber wir haben nunmal ein
    parlamentarisches System und müssen darin klarkommen.
    Nach der langen Vorrede jetzt zu meinem eigentlichen Punkt:
    Wir sollten noch diese Woche ein Treffen von allen machen, die
    daran interessiert sind, den Streik nicht völlig in die Mitte entgleisen
    zu lassen. Wir müssen uns überlegen, wie wir der Vereinnahmung
    durch SDS, BuF und Co entgegenwirken können.
    Ich habe deshalb mal bei Frau Kolb nach 'nem Raum nachgefragt
    und würde, aufgrund ihrer Antwort, Donnerstag den 3.11. 12-15 im
    Raum 3119 vorschlagen. Andere Räume oder Zeiten gibt es leider
    zur Zeit nicht. Wer einen besseren Vorschlag hat, soll sich melden,
    dann lege ich es gerne um, ansonsten steht dieser Termin erstmal.
    Rote Grüße,
    der Gerd"

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